Präziser gegen Prostatakrebs

Die häufigste bösartige Erkrankung bei Männern weltweit ist der Prostatakrebs. In einem internationalen Forschungsprojekt sollen jetzt mithilfe molekularer Analysen und künstlicher Intelligenz Diagnostikverfahren weiterentwickelt werden, um die Zahl unnötiger Biopsien zu reduzieren.

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Prostatakrebs ist die häufigste bösartige Erkrankung bei Männern weltweit. Das internationale Forschungsprojekt Promote (PRostate cancer OMics Oriented inTErvention) zielt darauf ab, mithilfe molekularer Analysen und künstlicher Intelligenz Diagnostikverfahren weiterzuentwickeln, die die Zahl unnötiger Biopsien reduziert. Außerdem soll die Therapie für fortgeschrittene Formen der Erkrankung verbessert werden. Das Projekt wird von einem interdisziplinären Konsortium aus 13 Forschungseinrichtungen und Unternehmen getragen, darunter die Klinik für Urologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Lübeck, die Medizinische Universität Innsbruck und das Universitätsklinikum Reina Sofía in Córdoba, Spanien. Promote wird von der Europäischen Union im Rahmen des Programms Horizon Europe mit gut zwei Millionen Euro gefördert.

Im Fokus steht die Entwicklung eines Urintests auf Basis modernster proteombasierter Methoden sowie zusätzlicher Radiomik- und Pathomikmodelle. „Die EU-Kommission hat unter 13.000 geförderten Innovationen die Proteomanalyse als Schlüsseltechnologie ausgewiesen. Sie erlaubt die frühe und genaue Erkennung des Prostatakrebses und die Bestimmung seiner Aggressivität – allein anhand einer Urinprobe, die als Filtrat des Blutes wichtige krankheitsspezifische Informationen enthält“, so Prof. Dr. Axel Merseburger, Direktor der Klinik für Urologie, Campus Lübeck. Invasive Diagnostikmethoden wie Biopsien sollen durch die das neue Vorgehen weitgehend überflüssig werden. Bislang werden Biopsien in der Regel bei Patienten durchgeführt, bei denen zum Beispiel eine Magnetresonanztomografie keine eindeutige Diagnose erbracht hat. Allerdings liegt nur in 16 Prozent dieser Fälle tatsächlich ein bösartiger Tumor vor.

Übertherapie von langsam wachsenden Tumoren

Im Rahmen des Projekts werden außerdem mithilfe KI-gestützter Modelle bis zu 68 Wirkstoffkandidaten gegen aggressive Prostatakrebserkrankungen getestet. Das Forschungsteam nutzt dabei eine Datenbank des Unternehmens Mosaiques Diagnostics mit über 85.000 Proteomprofilen. So sollen Vorhersagemodelle entstehen, die Behandlungsstrategien auf Grundlage des individuellen molekularen und medizinischen Profils der Patienten ermöglichen.

„Das Projekt Promote begegnet einem der größten Probleme in der Behandlung von Prostatakrebs: der Überdiagnose und -therapie von langsam wachsenden Tumoren bei gleichzeitig unzureichender Behandlung aggressiver Formen. Studien zeigen, dass bis zu 90 Prozent der Prostatakarzinome übertherapiert werden – mit entsprechend belastenden Folgen für die Patienten“, so PD Dr. Marie Christine Roesch, Oberärztin und Ärztliche Leitung des Forschungslabors Urologie, Campus Lübeck. Das Projekt soll dieses Behandlungsparadoxon auflösen – durch präzise, molekular fundierte Diagnostik und personalisierte Therapien auf Basis spezifischer Biomarker.

Weltweit 1,4 Millionen Neuerkrankungen jährlich

Das Projekt, das insbesondere Doktoranden in Zukunftstechnologien einbinden will, läuft bis August 2028. Die Verantwortlichen erwarten, dass die Ergebnisse zu einer deutlichen Verbesserung der Behandlung des Prostatakarzinoms und zu erheblichen Entlastungen der Gesundheitssysteme der EU-Länder führen wird. Mit relevanten Teilergebnissen wird 2026 gerechnet.

Pro Jahr erhalten etwa 1,4 Millionen Männer weltweit die Diagnose Prostatakrebs. In fast 45 Prozent der Fälle handelt es sich um langsam wachsende Krebsformen mit guter Prognose. Gleichzeitig ist Prostatakrebs im fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium schwer zu behandeln und nicht heilbar.

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