GOÄ-Reform: der Wolf im Schafspelz

Kommentar

Ende Mai wird die Novellierung der Gebührenordnung Ärzte auf dem Bunddesärztetag zur Diskussion und zur Abstimmung stehen. Auch im Moment sorgt die GOÄ-neu schon für hitzige Diskussionen, viele Verbände und Ärzte lehnen sie in der vorliegenden Form ab – so auch die Radiologengruppe 2020.

Ein Kommentar von Prof. Henrik Michaely, Vorstand Strategie und Politik der RG20.


Auf dem anstehenden Bundesärztetag (BÄT) wird die Novellierung der Gebührenordnung (GOÄ-N) für Ärzte zur Diskussion und zur Abstimmung stehen. Auf den ersten Blick erscheinen die Worte „moderne GOÄ“, „einmalige Chance“ und „Steigerung der Gesamtausgaben“ attraktiv. Bei näherer Analyse fällt jedoch auf, dass diese GOÄ-N in der aktuellen Form jedoch nicht zustimmungsfähig ist. Warum? Das möchte ich in Ihnen an fünf allgemeinen Themenfeldern darstellen.

Intransparente Kalkulationen und fehlende Nachvollziehbarkeit

Die Bundesärztekammer (BÄK) legt weiterhin keine nachvollziehbaren Berechnungen zur neuen Gebührenordnung vor – Stundenlöhne, Fachgruppenvergleiche und Bewertungsgrundlagen bleiben im Dunkeln, entgegen den anderslautenden Beschlüssen der BÄT von 2016 bis 2024. Das Ziel einer transparenten Berechnung mit gleichen Stundenlöhnen für alle Arztgruppen ist damit nicht erreicht, eine mögliche Spaltung der Ärzteschaft schon eher.

Zukunftsblind und wirtschaftlich gefährlich

Die GOÄ-N wertet technische Leistungen aller Fächer (z.B. Labor, Sono, Röntgen, OPs) deutlich zwischen zehn und 50 Prozent ab, aber wertet nur marginal die sprechende Medizin auf. Damit wird für keine Fachgruppe auch nur ansatzweise ein Inflationsausgleich erreicht (+65 Prozent seit 1996). Nicht eingeführt wird zudem eine automatische Anpassung der Preise, eingeführt werden jedoch verdeckte Mengensteuerungsinstrumente.

Verdeckte Budgetierung und politische Steuerung

Durch die neue ,Gemeinsame Kommission', die geheim tagt, und finale Entscheidungsbefugnisse des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) gibt der ärztliche Berufsstand freiwillig seine Mitbestimmungsrechte bei der Preisfindung auf. Das BMG kann de facto die zukünftigen Preise der GOÄ selbst festlegen. Ob das BMG dabei mehr an die Beihilfe oder die Ärzteschaft denkt, ist nur ein Gedanke, den man nicht zu Ende denken will.

Rechts- und Versorgungsunsicherheit

Die politisch gewollte Umverteilung innerhalb der GOÄ-N widerspricht §11 BÄO und ist somit rechtswidrig – Klagen sind bereits in Vorbereitung. Gleichzeitig drohen Insolvenzen vor allem kleinerer und mittlerer fachärztlicher Praxen und somit Versorgungslücken in Stadt und Land, da durch die verminderten PKV-Einnahmen die bisherige Quersubventionierung der GKV-Patienten wegfällt.

Zahlreiche Verschärfungen der Anforderungen ohne Ausgleich

Beispielhaft dürfen Wahlarztleistungen im Krankenhaus nur höchstpersönlich erbracht werden. Leistungen auf Verlangen müssen mit „V“ gekennzeichnet sein und deren Bezahlung kann abgelehnt werden. Für ganze Kapitel (E, M, N, O) wird die GOÄ-N jetzt unabdingbar. Von der fehlenden Möglichkeit zur Steigerung mal ganz abgesehen. Zusätzlich werden neue Software für die PKV-Abrechnung zu Lasten der Ärzteschaft und zugunsten der PKV-Kontrolle und PKV-Kosteneffizienz verpflichtend.

Kaum zu glauben, dass die BÄK diesen von Misstrauen gegenüber der Ärzteschaft durchzogenen Entwurf wirklich billigt und dem BÄT vorlegen will: Anforderungen und Pflichten werden verschärft, Preise bestenfalls minimal erhöht, neue Mechanismen zur Kontrolle eingeführt. Zudem kann die weitere Entwicklung der GOÄ-N in Zukunft dann auch gegen den Willen der Ärzte vorangetrieben werden.

Daher ist klar: die GOÄ-N darf in dieser Form nicht angenommen werden. Die BÄK muss die Interessen der Ärzteschaft besser vertreten, damit sie als alleiniger Verhandlungspartner weiterhin von allen ärztlichen Stakeholdern weiterhin akzeptiert wird. Oder, um es mit einem latinischen Sprichwort zu sagen: Ceterum censeo GOÄ-N esse reiciendam.

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